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Niki Scherak

NEOS-Nationalratsabgeordneter, Menschenrechts-, Justiz- und Verfassungssprecher

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Ankündigungsminister Kurz

25. Januar 2017 by Niki Scherak Leave a Comment

Mir platzt gleich der Kragen, hab ich gestern gegenüber der Presse gesagt. Der Grund dafür ist unser Ankündigungsminister Kurz. In einigen Bereichen macht er sicherlich sinnvolle Vorschläge. Das Problem ist nur, dass er sie nicht umsetzt. Und genau deswegen platzt mir bald der Kragen.

Hier eine Liste der Dinge, die Sebastian Kurz in letzter Zeit immer wieder gefordert hat und wo leider de facto nichts weitergegangen ist. Ist auch nicht sehr verwunderlich, wenn man die meiste Zeit deutschen Medien Interviews gibt und sich den Rest der Zeit überlegt, wie man noch populistischere Vorschläge aus dem Ärmel zaubern kann. Da bleiben die wirklich wichtigen Dinge halt leider auf der Strecke.

  • Wertekurse: Sebastian Kurz sieht ein großes Problem bei der Integration von Flüchtlingen und untermauert das auch mit einer Studie.[1] Die Ergebnisse der Studie sind einigermaßen alarmierend. Fragt sich nur, wieso weiterhin so wenig bei der Wertevermittlung gemacht wird. Die Wertekurse dauern immer noch nur mindestens 8 Stunden. Das ist viel zu wenig. Wenn 40 % der Flüchtlinge religiöse Gebote über das Gesetz stellen, dann werden wir hier an einem massiven Ausbau dieser Kurse nicht herumkommen. Wir NEOS fordern schon lange die Aufstockung der Wertekurse auf verpflichtende 40 Stunden. Es kann auch gerne noch mehr sein. Anders werden wir die Integrationsschwierigkeiten nicht lösen können.
  • Deutschkurse: Ende Juni wurden von der Regierung (vor allem von Sebastian Kurz) 50.000 neue Deutschkursplätze für Asylwerber angekündigt.[2] Bis heute stehen aber immer noch nicht flächendeckend Deutschkurse zur Verfügung. Ohne den Spracherwerb der Flüchtlinge werden wir ihre Integration allerdings sicher nicht auf die Reihe kriegen.[3]
  • Rückführungsabkommen: Sebastian Kurz fordert wiederholt eine Intensivierung der Verhandlungen in Bezug auf Rückführungsabkommen. Allerdings fehlen solche Abkommen immer noch in Bezug auf Marokko, Algerien und Ägypten.[4] Wir NEOS haben schon sehr lange den Vorschlag gemacht, dass man Entwicklungshilfegelder an die Bereitschaft koppeln soll, dass Staaten auch solche Rückführungsabkommen abschließen.[5] Sebastian Kurz ist jetzt offenbar auf diese Idee aufgesprungen.[6] Getan hat sich trotzdem noch nichts.
  • Resettlement-Programme:
    Sebastian Kurz: „Anstatt auf eine Politik zu setzen, „die gut gemeint ist, am Ende aber negative Auswirkungen für alle Seiten haben kann, weil noch mehr Migranten kommen“, sollten Deutschland und andere EU-Staaten mehr tun für den Schutz der EU-Außengrenzen und zugleich Flüchtlinge direkt im Rahmen von sogenannten Resettlement-Programmen aus den Flüchtlingslagern wie in Syrien holen.“[7] Bisher wurden allerdings im Rahmen von zwei humanitären Aufnahmeprogrammen nur 1900 Personen sicher nach Österreich gebracht.

Es wäre also einiges zu tun für unseren Außen- und Integrationsminister. Einige Dinge könnte er selbst umsetzen. Einige Dinge müsste er wohl intensiv mit seinem Koalitionspartner verhandeln. Und für einige Dinge müsste er sich auf EU-Ebene ordentlich ins Zeug hauen. Tut er aber nicht. Er kündigt lieber Dinge an. Umgesetzt werden sie dann leider nicht. Genau deswegen platzt mir der Kragen, Herr Ankündigungsminister.

[1] http://derstandard.at/2000051377360/Fluechtlinge-40-Prozent-stellen-religioese-Gebote-ueber-Gesetze

[2] http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/5100067/Fluchtlinge-kosten-zwei-Milliarden-Euro

[3] (https://kurier.at/politik/inland/deutschkurse-fuer-fluechtlinge-gravierende-unterschiede-in-laendern/240.774.106)

[4] http://derstandard.at/2000045440082/Afghanistan-Abkommen-Vorsicht-waere-angesagt

[5] http://www.salzburg.com/nachrichten/oesterreich/politik/sn/artikel/rund-300-geduldete-fluechtlinge-pro-jahr-199281/

[6] http://derstandard.at/2000049611426/Regierung-koppelt-Entwicklungshilfe-an-Migrationseindaemmung

[7] https://www.welt.de/politik/ausland/article158501236/Kurz-uebt-scharfe-Kritik-an-deutscher-Fluechtlingspolitik.html

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„Kritische Medien sind ein Segen“: Strache lobt Tagespresse

10. Januar 2017 by Niki Scherak Leave a Comment

Genau diese Überschrift stand am 30.12.2016 auf Tagespresse.com zu lesen. Kaum jemand kann den danach folgenden Artikel ernst nehmen, kaum jemandem wird verborgen bleiben, dass es sich um Satire handelt. Satire von Tatsache zu unterscheiden ist eine sehr grundlegende und wohl eine der am wichtigsten Kompetenzen im Umgang mit Medien und „Fake News“.

Schwieriger und fordernder wird es bei Falschnachrichten, die nicht satirisch sind, sondern sich ins Gewand seriöser Berichterstattung über objektive Tatsachen kleiden. Diese Meldungen verbreiten sich oft rasend schnell via Facebook und Twitter, wo sie Stürme der Entrüstung und des Zorns bei jenen auslösen, die der Lüge aufsitzen. Hunderte dieser sogenannten „Hoaxes“ hat die Initiative www.hoaxmap.org aufgedeckt.

Diese enorme Dynamik ist wohl mit ein Grund für die Diskussion über einen neuen Straftatbestand gegen solche „Desinformation“, in Deutschland wie in Österreich. Denn klar ist: Langfristig lässt sich mit erfundenen Geschichten und Gerüchten die Stimmung in Teilen der Gesellschaft beeinflussen, und unsere Gesellschaften müssen sich für den Umgang damit etwas einfallen lassen. „Fake News können besorgniserregende Auswirkungen auf eine Demokratie haben“, schreibt etwa Stephan Lewandowsky, der Leiter der 2012 veröffentlichten Studie. Desinformation bremse sogar den Kampf gegen den Klimawandel aus, so der Wissenschafter laut dw.com (Deutsche Welle).

Ein  Anti-Fake-News Gesetz, wie es in Deutschland debattiert wird und auch ÖVP-Generalsekretär Amon andenkt, ist hier sicher der falsche Weg.  Das Recht auf freie Meinungsäußerung, der Wert der Meinungsvielfalt für eine Demokratie, die Notwendigkeit der kritischen aber konstruktiven öffentlichen Debatte und die große Gefahr, die ein Verbot „falscher“ Meldungen letztendlich für all das vorgenannte bedeuten würde, sprechen klar für einen anderen Zugang. Darüber hinaus wurde der Straftatbestand der „Verbreitung falscher oder beunruhigender Gerüchte“ Ende 2015 nach 30 Jahren ersatzlos abgeschafft.

Im wichtigen und richtigen Kampf gegen Desinformation macht die traditionelle Politik  nun einen entscheidenden Fehler, der sich wie ein roter Faden durch die meisten aktuellen Forderungen rechtskonservativer Parteien zieht. Sie verlässt sich auf Verbote und bekämpft Symptome statt Ursachen. Genauso wenig, wie eine Überwachungskamera die Prügelei oder den Raub verhindern wird, genauso wenig konnte und kann ein Gesetz gegen „Fake News“ deren Verbreitung verhindern.

 

Die Schlüssel zu einem emanzipierten Umgang mit Falschnachrichten sind einzig Bildung und Medienkompetenz, die Fähigkeit zur Quellenkritik und Sensibilisierung. So haben Fake News keine Chance. Verbote hingegen lösen in der Regel keine Probleme. Wer sich dieser Illusion hingibt, opfert essentielle Grundfreiheiten, ohne eine Lösung zu bewirken. Wie etwa das Grundrecht der freien Meinungsäußerung, welches nicht umsonst als die Mutter aller Grundrechte bezeichnet wird.

Die Verfechter eines Anti-Fake-News Gesetzes oder gar einer staatlichen Stelle gegen Desinformation, also eines Wahrheitsministeriums, fordern ultimativ, dass der Staat über den Wahrheitsgehalt einer Nachrichtenmeldung entscheidet. Doch wo ist die Grenze zur Falschmeldung? Wo endet die freie Meinungsäußerung, wenn nicht Rechtsgüter Einzelner bedroht sind und nicht ohnehin das bestehende Strafrecht greift?

Über die freie Meinungsäußerung sagt VfGH-Präsident Gerhart Holzinger in der Presse am 08.01.2017: „Aus dieser Freiheit ist abzuleiten, dass auch Meinungen, die für den Staat oder für Teile der Bevölkerung verletzend, schockierend oder beunruhigend sind oder Positionen, die falsch sind, von diesem Schutz umfasst sind. Dieses hohe Gut sollte man nicht infrage stellen.“ Da kann man ihm nur zustimmen. Unsere Gesellschaft muss lernen, mit den unvorhersehbaren und vielfältigen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft besonnen umzugehen. Dazu gehört auch das Gefahrenpotential von Fake-News in sozialen Medien.

Ein Anti-Fake-News-Gesetz ist hier nutzlos, wie die 40-jährige Praxis des jüngst abgeschafften §276 StGB zeigt. Ebenso wie eine staatliche Wahrheitsbehörde würde es zudem die Meinungsfreiheit, eines der höchsten Güter unserer modernen, rechtsstaatlichen Demokratien, bedrohen. Die Lösung ist, wie so oft, Bildung. Kompetenz im Umgang mit Medien, Quellenkritik und ein vitaler öffentlicher Diskurs immunisieren die Gesellschaft, ihre mündigen Bürger, gegen Desinformationskampagnen, Fake-News und Hoaxes.

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Die vielen offenen Fragen zum Bundestrojaner

10. Juni 2016 by Niki Scherak Leave a Comment

Abhören, Beschatten, Bespitzeln – oft sind das die einzigen Mittel, die die Polizei hat, um Schwer- und Schwerstkriminalität, vor allem im organisierten Bereich, aufzudecken. Diese Werkzeuge sind für die Verbrechensbekämpfung unerlässlich.

Klar ist aber auch, dass es sich dabei um massive Grundrechtseingriffe handelt und gewährleistet sein muss, dass nur abgehört wird, wer dringend einer schwerwiegenden Straftat verdächtig ist.

Denn die Betroffenen sind eben bloß Verdächtige. Sie sind noch nicht einmal angeklagt und schon gar nicht verurteilt, und die Überwachungsmaßnahmen können Privates genauso zum Vorschein bringen, wie Tatrelevantes. Deshalb steht die Verhältnismäßigkeit als Erfordernis ausdrücklich etwa in §136 (4) StPO.

Einen ganz wesentlichen Teil der Kommunikation im Rahmen von kriminellen Machenschaften und Organisationen kann die Polizei derzeit jedoch nicht überwachen: Jenen via Email, Whatsapp, SMS, Dropbox, Facebook, etc.
Hier hinkt die StPO der Realität hinterher. Waren früher Lausch- und Spähangriff probate Mittel, sind sie in Zeiten der Textnachricht und der Cloud wirkungslos.

Es ist deshalb grundsätzlich verständlich, wenn Justizminister Brandstetter einen §136a StPO möchte, der dem Staat ermöglicht, auch solche Kommunikation im Fall des Falles zu überwachen.

Es kann zu Beginn problemlos außer Streit gestellt werden, dass es sich hierbei um eine logische Weiterentwicklung des Rechts und der polizeilichen Ermittlungswerkzeuge handelt, wie sie der technische Fortschritt einfach mit sich bringt.

Doch hier beginnen auch schon wieder die Probleme: Dieses Update des Lausch- und Spähangriffs erreicht eine Dimension, die jene seiner Vorgänger bei weitem übersteigt. Es handelt sich um eine Spionagesoftware, die ohne Wissen des Betroffenen, sämtliche über einen Computer – gleich, ob PC, Tablet,Smartphone, Spielkonsole oder etwa Bordcomputer eines Autos – stattfindende Kommunikation absaugbar macht. Inklusive der Identität der Kontaktpersonen. Ein Staatstrojaner.

Rechtsstaatlich, grundrechtlich aber auch politisch ist diese Form der Überwachung schwer problematisch und kaum verfassungskonform auszugestalten. Das zeigen auch die heftig ablehnenden Reaktionen des Datenschutzrates, der Datenschutzbehörde, des Österreichischen Journalistenclubs, des Amts der Wiener Landesregierung, der Volksanwaltschaft und allen voran des AKVorrat. Auch Bundeskanzleramt und OGH äußern sich kritisch gegenüber dem ersten Entwurf des BMJ.

So sind vom Trojaner auch Emails erfasst, die sich der Überwachte selbst schickt – etwa zu Erinnerungs- oder Notizzwecken. Erfasst sind auch alle Dateien, die jemand zum Eigengebrauch in seine eigene Cloud hochlädt. Das passt aber mit dem eigentlichen Zweck der Überwachung von Nachrichten analog zum bisherigen Lausch- und Spähangriff nicht nur nicht zusammen, sondern es geht in Wirklichkeit weit darüber hinaus.

Der Entwurf sieht außerdem vor, dass die Überwachung von Nachrichten und „sonstigen Daten“ erlaubt sein soll. Hier schafft man sehenden Auges einen unbestimmten Gesetzesbegriff: Was sind alles „sonstige Daten“? Ebenso offen ist, ob der Zugriff auf das Zielsystem one-way oder two-way sein darf, ob die Polizei also nur Zuseherin ist oder auch aktiv im Zielsystem herumstöbern oder es sogar verändern kann.

Interessant ist auch, dass der Justizminister bis jetzt grundsätzlich immer betont hat, dass man die Software nur händisch installieren könne, eine Remote-Installation über Fernzugriff sei ausgeschlossen sei, und es sich dementsprechend gar nicht um einen Trojaner handle.
Wer den Wortlaut des vorgeschlagenen Gesetzes aufmerksam liest, wird aber feststellen, dass die Ferninstallation nirgendwo ausgeschlossen ist.

Der Ministerialentwurf für den Staatstrojaner birgt also massive Risiken für die Grundrechte und die Rechtsstaatlichkeit. Er operiert mit unbestimmten Begriffen und schafft damit weite Spielräume für die Behörden, was aus unserer Sicht in keinster Weise zu akzeptieren ist.

Das Justizministerium hat seine Pläne jetzt angeblich auf Eis gelegt (http://derstandard.at/2000038486797/Justizministerium-legt-offenbar-Plaene-fuer-Bundestrojaner-auf-Eis). Die umfassende Kritik hat also ihre Wirkung gezeigt. Hoffen wir, dass die Pläne dieses Mal auch wirklich ihr dauerhaftes Ende finden.

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Eine Provinzposse namens Kronzeugenregelung NEU

3. Juni 2016 by Niki Scherak Leave a Comment

Mit der großen Kronzeugenregelung des § 209a StPO sollte ein schlagkräftiges Instrument gegen organisierte Schwerst- und Wirtschaftskriminalität geschaffen werden. Bislang stellte der „Schulterschluss des Schweigens“ in kriminellen Netzwerken die Ermittler nämlich vor ein unlösbares Hindernis. Es war de facto unmöglich, solche geschlossenen Zirkel aufzubrechen und für eine Anklage ausreichendes Beweismaterial zu sammeln. Mit der großen Kronzeugenregelung sollte sich alles ändern: Wer der Staatsanwaltschaft mit seinen Informationen wesentlich bei der Aufklärung mafiöser Strukturen und schwerkrimineller Machenschaften hilft, hat die Chance auf völlige Straffreiheit durch diversionelle Erledigung eines gegen ihn laufenden Verfahrens.

Die Regelung steht nicht nur in einem Spannungsverhältnis mit Grundprinzipien des österreichischen Strafprozessrechts, sondern es war auch unklar, wie sie sich in der Praxis handhaben lassen würde. Sie war deshalb bewusst mit Ablaufdatum versehen.

Anfang 2016 endete ihr 6-jähriger Probebetrieb. Eine umfangreiche Evaluierung der Praxiserfahrung und ein entsprechender Neugestaltungsprozess sollte folgen. Vorgesehen war unter anderem die Herausgabe eines „Handbuchs“ nach Vorbild des sehr erfolgreichen Handbuchs der Bundeswettbewerbsbehörde zur kartellrechtlichen Kronzeugenregelung. Dieses sollte die Praxis der Regelung ausgestalten, Rechtsunsicherheiten ausräumen und einen klaren Handlungsleitfaden für Gerichte, Staatsanwartschaft und potentielle Kronzeugen selbst geben. Basis dafür sollte eine Studie des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie sein. Problem dabei: Die Studie ist seit Jänner 2015 unter Verschluss. Handbuch gibt es im Übrigen auch keines.

Trotzdem wurde vom Justizministerium einen Ministerialentwurf in Begutachtung geschickt. Mit 26.04.2016 ist jetzt auch das Begutachtungsverfahren zu diesem Entwurf der Kronzeugenregelung Neu abgeschlossen.

Was dabei gefehlt hat? Die Veröffentlichung der fachlichen Evaluierung und eine entsprechende öffentliche Diskussion auf Basis dieser Evaluierung. Warum wird eine neue Kronzeugenregelung überhaupt in Begutachtung gegeben, ohne dass das zugehörige Handbuch bzw die Evaluierung veröffentlicht wird?

Trotzdem liegt aber ein Entwurf vor. Und dieser ist noch dazu halbherzig, weil er das wesentliche Hindernis am Erfolg der Kronzeugenregelung nicht beseitigt:

In den 6 Jahren ihres Probebetriebs wurde die Regelung kaum ein Dutzend Mal in Anspruch genommen. Der einzige prominente Fall darunter war der des Telekom-Kronzeugen Gernot Schieszler.

Aus Richterschaft und Staatsanwaltschaft wurden sehr früh Stimmen laut, die die Rechtsunsicherheit für potentielle Kronzeugen als Haupthindernis identifizierten. Denn ein potentieller Kornzeuge muss vor den Staatsanwalt auspacken, ohne eine Garantie auf Kronzeugenschaft zu haben. Andererseits hängen potentielle Kronzeugen oft Jahrelang in der Luft, bis klar ist, ob sie Kronzeugenstatus bekommen, oder nicht. Auch die unter Verschluss gehaltene Studie des IRKS dürfte im Wesentlichen diese Punkte ansprechen, wie die Studienleiterin Dr. Hofinger erläutert: http://www.diekriminalisten.at/krb/show_art.asp?id=1872

Wenn wir eine Kronzeugenregelung wollen, die organisierter Kriminalität das Handwerk legt, dann muss sie so ausgestaltet sein, dass sie auch Anwendung finden kann. In ihrer derzeitigen Form wird das nicht der Fall sein. Mit halbgaren Lösungen wird man hochprofessionellen Verbrechernetzwerken eben nicht beikommen.

Aber eigentlich will ich mich inhaltlich noch gar nicht groß äußern. Ich warte lieber den entsprechenden Evaluierungsbericht ab. Blöd nur, dass dieser erst nach Beschluss des Gesetzes veröffentlicht werden sollte, wie wir gestern erfahren mussten. Es könnte ja passieren, dass jemand falsche Schlüsse aus dem Bericht ziehen würde (http://derstandard.at/2000038113106/Ministerium-haelt-Evaluierung-der-Kronzeugenregelung-unter-Verschluss).

Mit dem heutigen Tag hat diese Provinzposse doch ein glückliches Ende gefunden. Das Ministerium will die Studie jetzt doch veröffentlichen (http://derstandard.at/2000038148314/Kronzeugenregelung-Evaluierung-wird-doch-veroeffentlicht). Hartnäckigkeit zahlt sich aus.

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Wieso dieses Notverordnungsrecht unseren Rechtsstaat aushebelt

15. April 2016 by Niki Scherak Leave a Comment

Die Regierungsparteien wollen also ein Gesetz beschließen, welches der Regierung in Zukunft ermöglichen soll, mittels Verordnung grundlegende Prinzipien der Genfer Flüchtlingskonvetion, nämlich das Recht einen Asylantrag zu stellen, de-facto abzuschaffen. Das Recht mittels Verordnung Gesetze außer Kraft zu setzen, nennt man Notverordnungsrecht.

Wieso das Arbeiten mittels Notverordnungen absolut keine gute Idee ist, hat uns die Geschichte gezeigt. Nur leider fehlt dieses Geschichtsbewusstsein bei SPÖ und ÖVP offensichtlich.

Wieso eine solche Art von Notverordnungsrecht unseren Rechtsstaat aushebelt und deswegen in seinen Grundfesten erschüttert, versuche ich anschließend zu erklären:

Das Notverordnungsrecht (das Recht mittels Verordnung Gesetze außer Kraft zu setzen) hat in Österreich nur der Bundespräsident auf Vorschlag der Bundesregierung in Einvernehmen mit Hauptausschuss, wenn Nationalrat nicht zusammentreten kann. Wenn hier der Bundespräsident außen vor gelassen wird, dann wird dadurch die Verfassung mit Füßen getreten. Eine der wesentlichen Kompetenzen, die der Bundespräsident hat, soll ihm dadurch genommen werden. Wenn das wirklich das Ziel der Regierungsparteien ist, dann brauchen wir den Bundespräsidenten gleich gar nicht mehr wählen und könnten uns den momentanen Wahlkampf einfach ersparen.

Darüber hinaus ist überhaupt fraglich, ob hier nicht mittels Verordnungen versucht wird, Verfassungsrecht auszuhebeln, da Asylwerbern das Recht genommen wird, dass der von ihnen gestellte Asylantrag auch geprüft wird. Verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte darf noch nicht einmal der Bundespräsident aushebeln. Die Erklärung, wieso es sich hier wohl um Verfassungsrecht handelt, liegt in einer Entscheidung des VfGH:

„Der Verfassungsgerichtshof kommt daher zum Ergebnis, dass auf Grund der innerstaatlichen Rechtslage der Äquivalenzgrundsatz zur Folge hat, dass auch die von der Grundrechte-Charta garantierten Rechte vor dem Verfassungsgerichtshof als verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte gemäß Art144 bzw. Art144a B-VG geltend gemacht werden können und sie im Anwendungsbereich der Grundrechte-Charta einen Prüfungsmaßstab in Verfahren der generellen Normenkontrolle, insbesondere nach Art139 und Art140 B-VG bilden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die betreffende Garantie der Grundrechte-Charta in ihrer Formulierung und Bestimmtheit verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten der österreichischen Bundesverfassung gleicht.“

(https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Vfgh&Dokumentnummer=JFT_09879686_11U00466_2_00 )

Die Rechte der Grundrechtecharta (GRC) der EU sind also innerstaatlich jedenfalls dann als verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte anzuwenden, wenn die betreffende Garantie der GRC in ihrer Formulierung und Bestimmtheit verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten der Bundesverfassung gleicht. Daraus könnte man auch schließen, dass nicht nur das Recht einen Asylantrag zu stellen, sondern auch das Recht, dass dieser behandelt wird, in Österreich auch gewährleistet ist.

Schlussendlich ist diese Verordnung europarechtswidrig und NEOS wird deshalb Beschwerde bei der EU-Kommission einbringen. Die Regierung bezieht sich in ihrer Argumentation, dass die öffentliche Ordnung und innere Sicherheit gefährdet wäre, auf den viel zitierten Art 72 AEUV. In ihrem Entwurf will die Regierung Asylwerbern aber das Recht nehmen, dass der gestellte Asylantrag auch entsprechend geprüft wird. Dieses Recht auf Prüfung, das durch die Grundrechtecharta der Genfer Flüchtlingskonvention im EU-Primärrecht verankert ist, kann nicht ausgehebelt werden und dementsprechend widerspricht das von der Regierung vorgeschlagene Notverordnungsrecht auch dem Europarecht.

 

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