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Niki Scherak

NEOS-Nationalratsabgeordneter, Menschenrechts-, Justiz- und Verfassungssprecher

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Es darf (keine) Denkverbote geben

24. November 2015 by Niki Scherak Leave a Comment

Denkverbote

Hab mir mit dem Kollegen Alm ein paar Gedanken gemacht. Das ist dabei herausgekommen.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ist der Meinung, dass es keine Denkverbote geben darf. Sie meint damit ein lautes Denken, ein öffentliches Nachdenken. Mit dieser Aussage will sie eine Debatte über neue Maßnahmen zur Terrorismusprävention anstoßen und darüber diskutieren, ob Dschihadisten präventiv eine Fußfessel verordnet bzw ihnen präventiv Hausarrest auferlegt werden soll. Beide Maßnahmen stellen einen Eingriff in Grundrechte dar. Doch sind diese Eingriffe zulässig? Die Antwort darauf ist recht einfach: Solche Maßnahmen sind, da die Innenministerin sie auch ohne begründeten Verdacht durchführen will, nicht mit den Grund- und Freiheitsrechten vereinbar.

Darf man trotzdem darüber diskutieren? Die Europäische Menschenrechtskonvention führt in ihrem Artikel 17 folgendes dazu aus: „Keine Bestimmung dieser Konvention darf dahin ausgelegt werden, daß sie für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person das Recht begründet, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu begehen, die auf die Abschaffung der in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten oder auf weitergehende Beschränkungen dieser Rechte und Freiheiten, als in der Konvention vorgesehen, hinzielt.“

Um das gleich vorweg klarzustellen: Es ist wohl nicht notwendig, solchen Äußerungen grundsätzlich den Schutz der Konvention zu entziehen. Gerade als Liberale ist uns die Meinungsäußerungsfreiheit besonders wichtig. Insofern sind wir davon überzeugt, dass eine starke Demokratie auch dumme, schockierende und verstörende Aussagen aushalten muss. Sogar Aussagen, die auf die Abschaffung bzw weitgehende Beschränkung von Grundrechten abzielen, sollten prinzipiell möglich sein.

Insofern hat die Innenministerin wohl Recht, wenn sie meint, dass es keine Denkverbote geben darf.

Was die Aussage aber so unerträglich macht, ist die Tatsache, dass sie von Johanna Mikl-Leitner kommt. Gerade die Innenministerin sollte aufgrund ihres Amtes besonders vorsichtig sein, wenn sie über mögliche Grundrechtseinschränkungen spricht. Insbesondere weil gerade die von ihr umgesetzten bzw vorgeschlagenen Grundrechtseinschränkungen in den letzten Jahren de facto immer unzulässige Eingriffe in die Grund- und Freiheitsrechte dargestellt haben. Also gerade deshalb, weil die Innenministerin das auch weiß, sollte sie besonders vorsichtig mit irgendwelchen Vorschlägen sein, und nicht andauernd erratisch nach weiteren Einschränkungen der persönlichen Freiheit rufen, ohne davor offenbar einen einzigen Gedanken daran zu verschwenden, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen überhaupt irgendeine Chance haben als grundrechtskonform eingestuft zu werden.

Ein kleiner Blick auf ihre letzten Vorschläge zeigt, dass diese alle keine Chance auf Grundrechtskonformität haben.

Hausarrest ist eine Freiheitseinschränkung. Freiheitseinschränkungen sind nur dann zulässig, wenn der dringende Verdacht besteht, dass eine Straftat begangen wurde. In diesem Fall ist die Person innerhalb von 48 Stunden einem Richter vorzuführen. Unter Umständen ist eine Festnahme auch dann möglich, wenn jemand schon einer Tat mit mehr als 6 Monaten Freiheitsstrafe verdächtig ist und auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass eine gegen dasselbe Rechtsgut gerichtete Tat wieder begangen werden wird.

Präventiver Freiheitsentzug ist nur im Rahmen des Unterbringungsgesetzes möglich. Dazu muss von der entsprechenden Person allerdings nicht nur eine Gefahr ausgehen, sondern es muss auch eine psychische Erkrankung vorliegen.

(Die Anordnung einer Fußfessel für Dschihadisten ist demgegenüber grundrechtlich wohl möglich. Ob eine Fußfessel jemanden daran hindert, einen Terroranschlag zu verüben, sei hier jetzt einmal dahingestellt.)

Ähnlich sieht es mit dem Vorschlag auf Asylobergrenzen aus: Asyl ist ein Menschenrecht. In der Genfer Flüchtlingskonvention ist weit und breit nichts von quantitativen Beschränkungen zu lesen. Solche Ideen können einem also nur in den Sinn kommen, wenn man die entsprechenden völkerrechtlichen Rechtsgrundlagen nicht kennt.

Und zu guter Letzt will die Innenministerin und andere Kolleginnen und Kollegen aus der Regierung die Vorratsdatenspeicherung wieder einführen. Eben diese Vorratsdatenspeicherung wurde vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehoben. Die Innenministerin kennt das Urteil offenbar nicht. Abgesehen davon ist die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung gerade als Reaktion auf die Attentate in Paris vollkommen schwachsinnig. In Frankreich gibt es die Vorratsdatenspeicherung, nur hat sie nicht dazu beitragen können, die Attentate zu verhindern. In Wirklichkeit brauchen wir vor allem mehr finanzielle Mittel für Sicherheitsbehörden. Michael Fleischhacker, Chefredakteur der NZZ, führt dazu vollkommen richtig aus, „dass die Behörden nicht in der Lage waren, Spuren, die sie bereits aufgenommen hatten, weiterzuverfolgen und Informationen, über die sie bereits verfügten, richtig zu verknüpfen. Ihnen fehlte es nicht an gesetzlichen Möglichkeiten und technischen Ausstattungen, sondern an Personal und Kreativität.“

Wir sollten eine Diskussion darüber führen, welche Instrumente uns im Rahmen einer grundrechtschonenden Fokusüberwachung und Ermittlung zugänglich sind. Zum Beispiel: Auch wenn wir keine Freunde von Quick Freeze sind, bestünde hier eine Möglichkeit, über neue Methoden zu diskutieren und Ideen weiterzuentwickeln. Derartige Vorschläge, die sich innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens bewegen und nicht dazu führen, dass immer weiter Daten gesammelt werden, gibt es einige. Warum sprechen wir nicht über Innovation? Warum müssen wir immer und immer wieder mit verbrieft untauglichen und mit Grundrechten nicht kompatiblen Werkzeugen argumentieren? In den bereits angehäuften Datenbergen gehen die wesentlichen für die Ermittlung notwendigen Daten nämlich einfach verloren.

Noch ein wenig klarer hat gestern Rupert Wolff, Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages, seine Meinung zur Vorratsdatenspeicherung kundgetan. Auf die Frage von ZIB2 Moderator Armin Wolf, ob es nicht sinnvoll wäre, die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen, antwortete er: „Das wäre dumm, Herr Wolf. Die Vorratsdatenspeicherung hat nicht nur unser Verfassungsgerichtshof, sondern auch der Europäische Gerichtshof aufgehoben und überhaupt, die Vorratsdatenspeicherung für nichtig erklärt, und zwar rückwirkend.“

Wir freuen uns trotzdem, dass die Innenministerin der Meinung ist, dass es keine Denkverbote geben darf. Als gutes Vorbild könnte sie gleich damit anfangen und in Zukunft etwas mehr nachdenken, bevor sie irgendwelche Vorschläge macht. Am besten wäre es, wenn sie einfach gelegentlich an Benjamin Franklin dächte: „Wer wesentliche Freiheit aufgeben kann, um eine geringfügige bloß jeweilige Sicherheit zu bewirken, verdient weder Freiheit, noch Sicherheit.“ 

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Wieso die Bundesregierung in der Flüchtlingsfrage nur noch Scheinpolitik macht

5. November 2015 by Niki Scherak 3 Comments

In der Asylpolitik gibt es in Österreich immer schon ganz unterschiedliche Ansichten. Den einen ist das Asyl- und Fremdenrecht zu wenig streng, den anderen zu streng. Gerade in diesem Bereich der heimischen Innenpolitik ist es also ganz normal, dass die verschiedenen Parteien andere Antworten auf die Herausforderungen haben. Soweit so gut.

In den letzten Monaten hat die Asylpolitik der Österreichischen Bundesregierung allerdings einen interessanten Wendepunkt erreicht. Es geht mittlerweile nämlich de facto nicht mehr darum, ob eine Maßnahme als gut oder schlecht empfunden wird. Die Frage, die sich fast alle innenpolitischen Beobachter, egal ob Journalisten, Oppositionspolitiker oder interessierte Bürger, momentan fast täglich stellen müssen, ist folgende: Hat die von der Regierung gerade wieder vorgeschlagene Maßnahme überhaupt irgendeine Konsequenz? Also: Ändert sich überhaupt irgendetwas, egal ob zum Positiven oder zum Negativen, durch die neuen Vorschläge?

Die Antwort ist immer öfter ziemlich klar: Nein. Es wird sich durch die vorgeschlagene Maßnahme nichts ändern. Und diese Antwort ist in der Regel einhellig. Es geht momentan in der Bewertung der Maßnahmen nicht mehr darum, ob man die Idee als zu weitreichend oder zu wenig weitreichend empfindet. Die Antwort ist unisono von allen Beobachtern die gleiche: Es wird sich gar nichts ändern.

Heute sind wir auf einer neuen Stufe dieses absurden Spieles angelangt. Seit heute sagt nämlich sogar die Bundesregierung selbst, dass die von ihr vorgeschlagene Maßnahme nichts ändern wird. Die Regierungsspitzen geben sogar öffentlich zu, dass sie nur ein Signal aussenden wollen, aber selbst nicht daran glauben, dass sich in der Realität etwas ändert. Die Arbeitsverweigerung dieser Bundesregierung hat also eine neue Ausformung erreicht. Man schlägt Maßnahmen vor, weiß aber im Vorhinein schon, dass sie nichts ändern werden. Naja, immerhin kann einem dann niemand mehr vorwerfen, dass man nichts arbeiten würde. Vorgeschlagen hat man ja etwas. Dass sich nichts ändert, dafür ist man ja nicht verantwortlich.

Hier ein paar konkrete Maßnahmen, die in den letzten Monaten vorgeschlagen wurden, die aber nichts an den Flüchtlingsströmen oder an der momentanen Rechtslage ändern werden:

  • Asyl auf Zeit: Die Bundesregierung will in Zukunft nur noch Asyl auf Zeit gewähren. Dass Asyl immer nur einen Aufenthaltstitel auf Zeit verleiht, verschweigt sie dabei einfach. Bis jetzt hat man eben nur nicht geprüft, ob der zu Anfang des Verfahrens vorliegende Asylgrund immer noch vorliegt. In Zukunft will man nach 3 Jahren automatisch überprüfen, ob der Asylgrund noch vorliegt. Dass damit ein immenser Bürokratieaufwand und dementsprechend natürlich auch Kosten verbunden sind, wird einfach ignoriert. Deutschland hat die automatische Überprüfung nach 3 Jahren übrigens im Sommer ausgesetzt. Wieso? Weil der administrative Aufwand viel zu hoch war und in 95 % der Fällen der Asylgrund weiterhin vorlag.
  • Verschärfung des Schlepperparagraphen: Seit der letzten Novelle gilt die Qualifikation beim Tatbestand der Schlepperei schon ab 3 geschleppten Personen (bisher: 10 geschleppte Personen). Die Strafandrohung greift daher schon ab einer geringeren Anzahl an geschleppten Personen. In der Öffentlichkeit wurde dabei oft argumentiert, dass dadurch eine effektivere Schleppereibekämpfung möglich sein würde. Richtig ist, dass es dadurch einfacher wurde, Schlepper in Untersuchungshaft zu nehmen. Das Ziel, Schlepperei grundsätzlich zu verhindern, wird allerdings auch durch diese Gesetzesänderung nicht erreicht. Solange es keine legalen Einreisemöglichkeiten zur Asylantragstellung in die EU gibt, werden sich Flüchtlinge auch weiterhin der Hilfe von Schleppern bedienen müssen. Dementsprechend wird es auch weiterhin Schlepper geben, die nicht vor einem erhöhten Strafrahmen zurückschrecken werden.
  • Erschwerung des Familiennachzugs für Asylberechtigte: Künftig soll der Familiennachzug für Asylberechtigte nur noch innerhalb einer dreimonatigen Frist ab Ausstellung des Asylbescheids möglich sein. Wer diese Frist verpasst, darf seine Familie nur noch dann nachholen, wenn er ein gewisses Einkommen und eine Unterkunft nachweisen kann. Jetzt mal im Ernst: Wie wahrscheinlich ist es, dass jemand, der aus seinem Heimatland vor Verfolgung geflüchtet ist, darauf vergisst, innerhalb von 3 Monaten ab Zuerkennung des Asylstatus einen Antrag zu stellen, mit dem er den Nachzug seiner Familie beantragt? So etwas kann wohl niemand ernsthaft glauben. Zusätzlich muss auch festgehalten werden, dass der Anteil der Menschen, die durch den Familiennachzug nach Österreich gekommen sind, in der Vergangenheit bei einem Zehntel der Zahl der Asylantragsteller lag (http://www.diesubstanz.at/content/familiennachzug-vernachl%C3%A4ssigbar).
  • Zaun oder nicht Zaun? Auch hier ging es um reine Symbolpolitik. Anstatt schlicht die notwendigen Maßnahmen zu treffen, damit Flüchtlinge geordnet über die österreichische Grenzen kommen können, so wie es zum Beispiel in Nickelsdorf gemacht wurde, startete die Innenministerin eine Debatte über einen Zaun/bauliche Maßnahmen/ein Türl mit zwei Seitenteilen. Erstens weiß die Innenministerin, dass sie innerhalb der Europäischen Union nicht einfach einen Zaun an der Grenze bauen kann. Zweitens weiß sie auch, dass Flüchtlinge sich von Zäunen nicht abhalten lassen, sondern allerhöchstens andere Fluchtrouten suchen. Und drittens, wie schon vorhin erwähnt, hätten wir uns diese unerträgliche Debatte sparen können, wenn man einfach die notwendigen Maßnahmen gesetzt hätte.

Alle Maßnahmen der Bundesregierung werden an der realen Situation daher eigentlich nichts ändern. Worum geht es dann also? Es geht der ÖVP in Wirklichkeit nur um eines: Sie will ein Signal in Richtung unzufriedene Wähler aussenden und den Abfluss in Richtung FPÖ stoppen. Dass das nicht funktioniert, zeigen die Umfragen.

Wieso man statt dieser unerträglichen Scheinpolitik nicht einfach ehrlich ist und sagt, dass die Herausforderungen nur auf europäischer Ebene lösbar sind und endlich damit aufhört, vollkommen sinnlose Maßnahmen zu erfinden, die genau gar nichts an der Situation ändern werden, müssen Sie die ÖVP und ihre Innenministerin fragen.

P.S.: Die einzige Maßnahme die wahrscheinlich etwas ändert, ist die Erschwerung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte. Diese müssen in Zukunft drei Jahre statt wie momentan vorgesehen ein Jahr warten, bis sie ihre Familie nachholen können. Nachdem mir aber keine Zahlen vorliegen, wie viele Personen in diesem Fall durch Familiennachzug nach Österreich gekommen sind, kann ich es nicht abschließend beurteilen. Allerdings sind die meisten subsidiär Schutzberechtigten momentan aus Afghanistan. Und da nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich die Situation in Afghanistan in den nächsten Jahren ändert, ist es für die Anzahl der Familiennachzüge wahrscheinlich irrelevant, ob die Wartefrist ein Jahr oder drei Jahre beträgt.

P.P.S.: Eine Anmerkung muss ich jetzt im Nachhinein zu diesem Blog dazuschreiben. Die Annahme, dass die 3-monatige Frist in der man den Familiennachzug beantragen muss, stellt sich leider doch als Verschärfung dar und wird negative Auswirkungen haben. Fälschlicherweise hatte ich angenommen, dass diese Frist für den Asylberechtigten, der sich in Österreich befindet, gelten soll. In Wirklichkeit gilt diese Frist allerdings für die Antragstellung der Familienangehörigen im Ausland. Und für diese kann eine solche Frist natürlich dazu führen, dass es ihnen nicht möglich ist den entsprechenden Antrag zu stellen, da das Aufsuchen einer Außenvertretung der Republik Österreich unter Umständen nicht innerhalb von 3 Monaten nach Ausstellung des positiven Asylbescheids an den Familienangehörigen in Österreich möglich ist. (Abgesehen davon ist es übrigens vollkommen absurd die einzige legale Einreisemöglichkeit für einen Flüchtling in die Europäische Union zu beschränken)

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Niemand hat die Absicht einen Zaun zu errichten….

30. Oktober 2015 by Niki Scherak Leave a Comment

Mit ihrer offenherzigen „Klarstellung“, dass Österreich „natürlich auch einen Zaun“ an der Grenze zu Slowenien errichten will, hat Innenministerin Mikl-Leitner weder sich noch Europa einen guten Dienst erwiesen, denn einmal mehr wurde damit international mehr Verunsicherung als Klarheit geschaffen. Dass  Bundeskanzler Faymann am selben Tag nicht von einem Zaun, sondern einem  „Türl mit Seitenteilen“ sprechen will, gibt dem ganzen schon fast einen kabarettistischen Anstricht – wäre die Lage nicht so ernst, wie sie es nun einmal ist.

Anstatt mit konkreten Lösungsvorschlägen  sorgt die Innenministerin  wieder einmal mit diffusen und obendrein gefährlichen Aussagen für internationales Aufsehen. Denn weder kann es Ziel sein an einer Festung Europa zu bauen, noch kann es im Interesse Europas und seiner Bürger_innen sein zwischen den EU-Mitgliedsstaaten Zäune zu errichten. Und konkret helfen wird diese symbolische Ankündigungspolitik sowieso niemandem. Ankündigungen und laute Töne sind keine Maßnahmen, sondern zielen einzig und alleine darauf ab in der Öffentlichkeit gut dazustehen.

Man könnte stattdessen zusätzliche Notquartiere für Flüchtlinge zur Verfügung stellen, indem man leerstehende Kasernen instand setzt oder sich verstärkt mit der bayerischen Regierung über die weitere Vorgehensweise austauschen. Oder das Geld, das für den Bau des Zaunes gebraucht wird, der ja angeblich kein Zaun ist, für Bildungsmaßnahmen in Flüchtlingslagern einsetzen. Es gäbe viele Möglichkeiten, die derzeitige Situation in Spielfeld und Oberösterreich zu entschärfen und deeskalierende Maßnahmen zu setzen. Warum es die Regierung vorzieht, das nicht zu tun, bleibt wohl bis auf weiteres ihr Amtsgeheimnis.

Österreich wäre das erste Land, das auf einer Schengen-Grenze wieder eine Sperre errichtet. Die Bundesregierung sollte die europaweite Bedeutung dieses Schritts nicht unterschätzen. Aber wahrscheinlich hat eh niemand die Absicht einen Zaun zu errichten…..

P.S.: Natürlich braucht es Maßnahmen um die Flüchtlinge geregelt über die Grenze zu bringen. Wie so etwas funktioniert, hat die Polizei in Nickelsdorf gezeigt. Einfach nachmachen würde ich vorschlagen. Dazu braucht es keine Ankündigung, dass man einen Zaun errichten will. Oder ein Türl mit Seitenteilen.

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Wieso wir das „Durchgriffsrecht“ (hoffentlich nicht) brauchen

29. September 2015 by Niki Scherak Leave a Comment

Das letzte Woche beschlossene „Bundesverfassungsgesetz über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden“, besser bekannt als „Durchgriffsrecht“, hat in den vergangenen Wochen für viel Diskussionsstoff gesorgt. Von einer „Entmündigung der Gemeinden“ bis hin zu einem „Ermächtigungsgesetz“ war da mancherorts zu lesen und hören. Davon soll und kann natürlich keine Rede sein. Denn im besten Fall muss dieses Gesetz überhaupt nicht zur Anwendung kommen. Im schlechtesten Fall wird der Bund von seinem neuen Recht Gebrauch machen und vorhandene Kapazitäten zur Unterbringung von Flüchtlingen nutzen.

Der zentrale Bestandteil findet sich in Artikel 2: „Jede Gemeinde hat im Bedarfsfall die erforderliche Anzahl von Plätzen für die Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden bereitzuhalten. Die Zahl soll 1,5% der Wohnbevölkerung betragen (Gemeinderichtwert).“ Darüber hinaus können sich Gemeinden im selben politischen Bezirk auch mit anderen zusammenschließen, um gemeinsam die Quote zu erfüllen.

Fakt ist, dass bereits viele Gemeinden diesen Richtwert erfüllen bzw. manche auch bei weitem übererfüllen. In vielen Kommunen wird bereits großartige Arbeit bei der Unterbringung von Flüchtlingen geleistet, ihnen ein Dach über dem Kopf verschaffen, teilweise sogar Deutschkurse organisieren und sie bei den ersten Schritten in Österreich begleiten.

Fakt ist aber auch, dass fast 2/3 der Gemeinden noch keine Flüchtlinge beherbergen und somit den Druck auf die anderen Unterbringungsorte, insbesondere Erstaufnahmezentren, hoch halten bzw. erhöhen. Der katastrophalen Zustände in Traiskirchen waren und sind nicht zuletzt eine Folge der monate- bzw. jahrelangen erfolglosen Bemühungen der Länder die entsprechenden Quoten zu erfüllen. Oftmals weil es an den Kapazitäten mangelte, manchmal aber auch, weil es am entsprechenden Willen fehlte.

Natürlich kann man Solidarität nicht von oben herab verordnen. Das kann und will dieses Gesetz auch nicht. Es geht aber darum, den vorhandenen Wohnraum und Platz so zu nutzen, wie er derzeit am meisten gebraucht wird. Und das ist in der derzeitigen Ausnahmesituation nun einmal die „Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden“.

Dass wir uns in einer Ausnahmesituation befinden, zeigt auch die Tatsache, dass dieses Gesetz mit einem Ablaufdatum (sunset clause) versehen wurde: mit 31.12.2018 soll es wieder außer Kraft treten. Eine Vorgangsweise, die durchaus öfter zur Anwendung kommen sollte, um die teilweise überbordende Gesetzgebung (besonders jene im Verfassungsrang) nicht noch undurchsichtiger zu machen.

Das „Durchgriffsrecht“ sollte von der Regierung und den zuständigen Ministerien nicht als Freibrief für Verordnungen ohne entsprechende Kommunikation dienen. Natürlich sollten alle beteiligten Ebenen rechtzeitig informiert und in den Prozess eingebunden werden. Der Fall in Unterpremstätten, bei dem weder die Landesregierung noch die Gemeinde über die Pläne zur Unterbringung in Kenntnis gesetzt wurden, ist leider ein Negativ-Beispiel für ein derartiges Vorgehen und bleibt hoffentlich auch die Ausnahme.

Es stimmt, dass Solidarität nicht per Gesetz verordnet werden kann. Dieses Gesetz kann aber dafür sorgen, dass Menschenrechte gewahrt bleiben.

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Wie haben Sie es mit der Verfassung, Herr Finanzminister?

7. Juli 2015 by Niki Scherak Leave a Comment

Wir NEOS finden: Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Genau deswegen muss man die Hinterziehung von Steuern auch konsequent bekämpfen.

Aber der Kampf gegen Steuerbetrug rechtfertigt nicht jeglichen Eingriff in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger, schon gar nicht wenn er unverhältnismäßig ist, also das erreichte Ziel, nämlich die Eindämmung des Steuerbetrugs, nur durch Maßnahmen erreicht werden kann, die in keinem Verhältnis zu der dadurch durchgeführten Einschränkung der Freiheit der Bürger steht.

Und genau dieses Missverhältnis wird  durch das zentrale Kontenregister, in der von der Bundesregierung und den Grünen geplanten Form, geschaffen.

Kritik und Bedenken kamen im Rahmen des Begutachtungsverfahrens vom Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt, vom Datenschutzrat des Bundes, vom  Datenschutzbeauftragten und von einigen fachlich versierten Universitätsprofessoren. Ein paar kleine Änderungen wurden vorgenommen, die zentralen Kritikpunkte bleiben und lassen in uns eine Frage aufkommen: Wie halten sie es mit der Verfassung, Herr Finanzminister?

Die Grundrechte, in die durch ihr Betrugsbekämpfungspaket eingegriffen wird, stehen nämlich in Verfassungsrang und deswegen müssen die von ihnen vorgeschlagenen Gesetze auch den verfassungsrechtlich vorgegebenen Maßstäben entsprechen.

Vorgelegt haben sie aber ein Gesetz, das

  • das Recht auf Achtung der Privatsphäre nicht ausreichend schützt,
  • den Schutz der persönlichen Daten nicht vollumfänglich gewährleistet ist und
  • die Bürgerinnen und Bürger nicht ausreichend vor Missbrauch schützt.

Damit ist aber auch eines klar: Einem Gesetz, das solche schwerwiegenden  Mängel aufweist, kann man nicht zustimmen. Allzu wesentliche, weil vor allem die Frage nach der Verfassungskonformität betreffende, Kritikpunkte stehen ungelöst und unbeantwortet im Raum. Wir NEOS befürworten die Einführung eines zentralen Kontenregisters,  allerdings nur dann wenn die Umsetzung auch verfassungskonform ist. Aus diesem Grund werden wir auch einen Rückverweisungsantrag an den Finanzausschuss einbringen, damit die nachfolgenden Problemstellungen gelöst werden.

1. Klare und datenschutzrechtkonforme Definition der Zugriffsrechte auf das Kontenregister

Nach derzeitigem Entwurf ist eine Auskunft aus dem Register erlaubt, wenn sie “im Interesse der Abgabenerhebung zweckmäßig und angemessen“ ist (siehe dazu §4 Abs 3 KontRegG).

Eingriffe in ein Grundrecht, in diesem Fall in das Recht auf Achtung des Privatlebens und in das Grundrecht auf Datenschutz, sind aber nur dann zulässig, wenn sie notwendig sind. Dazu bedarf es eines legitimen Zieles, in diesem Fall der Kampf gegen Steuerhinterziehung, und der Eingriff darf nur durch das gelindeste Mittel, durch welches das Ziel erreicht werden kann, geschehen. Der Gesetzesentwurf spricht demgegenüber allerdings von „angemessen“.

Damit klargestellt ist, dass eine Auskunft aus dem Kontenregister im Rahmen des Abgabeverfahrens nur dann zulässig ist, wenn sie zur Erreichung des Zweckes unbedingt erforderlich ist und das gelindeste Mittel darstellt.

Darüber hinaus sollte zum Schutz der Privatsphäre dem/der Abgabepflichtigen vor dem Abruf aus dem Kontenregister zwingend die Gelegenheit gegeben werden, auch selbst Auskünfte über seine/ihre Konten zu geben. Eine solche Änderung wurde u.a. auch vom Datenschutzbeauftragten angeregt.

2. Schutz der Bürger_innen vor Missbrauch sicherstellen

Die Bestimmungen zur Zugriffskontrolle sind im gegenständlichen Entwurf mangelhaft. Für das rechtswidrige Abfragen der Daten aus dem Kontenregister fehlen klare Sanktionen.

Während Kreditinstituten hohe Geldstrafen drohen, wenn sie Daten, die für das Kontenregister relevant sind, verspätet melden, soll Missbrauch in diesem Zusammenhang nicht geahndet werden.

Ähnlich wie der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes und der Datenschutzrat, sind wir NEOS der Meinung, dass es entsprechende Strafandrohungen für das rechtswidrige Abfragen der Daten sowie den Missbrauch der Daten aus dem Kontenregister braucht.

3. Eindeutige Sanktionen erfordern präzise Regeln

Wie oben erwähnt, müssen Banken mit nicht unerheblichen Strafzahlungen (bis zu 200.00 Euro) rechnen, wenn sie ihren Meldepflichten gemäß § 3 KontRegG nicht nachkommen. Laut Gesetzestext sind sie zu einer „laufenden“ elektronischen Übermittlung der Daten verpflichtet. Wenn hier schon Strafen bis zu 200.000 Euro im Raum stehen, sollten der, erforderliche bzw. mindestens zulässige Übermittlungszeitraum genau definiert werden.

4. Rechte der Betroffenen klar und eindeutig regeln

Nach wie vor ist unklar, ob es sich beim Kontenregister um eine Datenbank mit indirekt oder direkt personenbezogenen Daten (§ 4 Z 1 DSG 2000) handelt: Einerseits sollen „bei natürlichen Personen“, also Bürger_innen, bereichsspezifische Personenkennzeichen für Steuern und Abgaben (bPK SA) aus dem Stammzahlenregister (indirekt personenbezogene Daten) und andererseits der Vorname, Zuname und das Geburtsdatum (direkt personenbezogene Daten) verarbeitet werden.

Wenn in einer Datenbank sowohl indirekt als auch direkt personenbezogene Daten verarbeitet werden, können sich Unterschiede bei der Handhabung der Rechte der Betroffenen ergeben (§§ 26 bis 28 DSG 2000: Auskunftsrecht, Recht auf Richtigstellung und Löschung, Widerrufsrecht). Diese können nämlich nicht geltend gemacht werden, wenn nur indirekt personenbezogene Daten (wie jenen der bPK SA) verwendet werden. Für diesen Fall ist nach wie vor unklar, ob und wie der/die Betroffene z.B. die Richtigstellung unrichtiger Daten (etwa fälschlicherweise angeführte Konten) erwirken kann.

Zudem braucht es eine Klarstellung unmittelbar im Gesetzestext selbst, ob die bereichsspezifischen Personenkennzeichen für Steuern und Abgaben in verschlüsselter oder unverschlüsselter Form verwendet werden.

5. Auch Bürger_innen ohne FinanzOnline Account haben das Recht, informiert zu werden.

Im Zuge der Nachbesserungen zur ursprünglichen Regierungsvorlage wurde klargestellt, dass Betroffene ein Recht auf Auskunft haben und über etwaige Abfragen des Kontenregisters informiert werden müssen. Die Möglichkeit dazu, soll allerdings nur über FinanzOnline angeboten werden, was von der Datenschutzbehörde des Bundes entsprechend kritisiert wurde.

Laut Angaben des Finanzministeriums nutzen derzeit rund 3,3 Millionen Bürger_innen FinanzOnline. Somit gibt es noch eine erheblich große Gruppe, die diesen Online-Service nicht nutzt. Es kann allerdings nicht sein, dass Auskunftsrechte an die Nutzung eines Online-Services gebunden sind. Eine Möglichkeit der schriftlichen Benachrichtigung der Betroffenen fehlt, was jedenfalls eine unsachliche Diskriminierung darstellt.

Im Ergebnis ist also klar: Kampf gegen Steuerbetrug ja, allerdings nur im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben und nur dann, wenn die Grundrechte und Grundfreiheiten der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land entsprechend gewahrt werden.

Dieser Entwurf erfüllt beide Vorgaben nicht. Also, Herr Finanzminister, wie haben sie es mit der Verfassung?

 

Quellenangaben:

  • „„Kontenregister- und Konteneinschaugesetz“ – Ministerialentwurf (126/ME)
  • „Kontenregister- und Konteneinschaugesetz“– Regierungsvorlage (685 d.B.)
  • „Kontenregister- und Konteneinschaugesetz“– Ausschussbericht (749 d.B.)
  • Stellungnahme der Kammer der Wirtschaftstreuhänder
  • Stellungnahme der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck
  • Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten des Bundes
  • Stellungnahme der Datenschutzbehörde
  • Stellungnahme des Datenschutzrats des Bundes
  • Stellungnahme des Rechnungshofs
  • Stellungnahme der Universität Innsbruck, Rechtswissenschaftliche Fakultät

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